Es war viel Hoffnung, als der südliche Teil des Sudan 2011 in die Unabhängigkeit entlassen wurde – nach 23 Jahren Krieg mit dem Norden. Von der Hoffnung ist im Südsudan nicht mehr viel übrig. Seit Dezember 2013 schwelt ein politischer Machtkampf zwischen dem amtierenden Präsidenten Salva Kiir und dem entlassenen Vizepräsidenten Riek Machar, der zunehmend Züge eines Stammeskonfliktes annimmt. Präsident Kiir gehört zur Volksgruppe der Dinka, sein Kontrahent Machar ist Nuer. Seit Ausbruch der Kämpfe zwischen Regierung und Rebellen starben schätzungsweise 10.000 Menschen, eine Million sind auf der Flucht.
ARD-Korrespondent Volker Schwenck ist nach Bor gereist. Früher lebten etwa 300.000 Menschen in der Stadt, bis vor Weihnachten Rebellen einmarschierten und die Stadt etwa einen Monat lang besetzt hielten. Der Dekan der St. Andrew-Kathedrale in Bor, Thomas Agou Kur, wird nicht vergessen, wie es rund um seine Kirche aussah, als am 18. Januar Regierungstruppen wieder in Bor einmarschierten. Der Boden war mit Blut getränkt, die Leichen von 20 Frauen hatten die Aufständischen wochenlang nicht bestattet. Auch zwei Priester waren ermordet worden. „Wir mussten den Boden entfernen, der Gestank war nicht zu ertragen,“ meint der Geistliche.
2000 Menschen starben in Bor, beerdigt in Massengräbern. Auch Monate nach dem Abzug der Rebellen werden noch Tote gefunden. Die meisten Bewohner haben die Stadt verlassen. In Minkaman, zwei Stunden Bootsfahrt auf dem Nil entfernt, haben bis zu 100.000 Menschen Zuflucht gesucht. Die „Ärzte ohne Grenzen“ kümmern sich in einem Feldhospital um Kranke, Verletzte, Schwangere. Auch unterernährte Kinder gibt es immer wieder. Hilfsorganisationen sehen erste Anzeichen für eine drohende Hungersnot im Südsudan.
Nhial Majak, der Bürgermeister von Bor, kämpft darum, dass die geflohenen Einwohner von Bor aus dem Lager in ihre Heimatstadt zurückkommen. Er muss viel Skepsis und Angst überwinden: viele glauben nicht, dass der Konflikt in absehbarer Zeit vorbei sind wird. Längst hat eine Spirale der Gewalt begonnen, befeuert von alten Traditionen der Blutrache. Der Bürgermeister von Bor kämpft darum auch gegen altes Denken: „Es gibt 64 Stämme im Südsudan. Wenn wir weiter nur in Stämmen denken, dann wird der Südsudan scheitern.“
(Auszug aus dem Pressetext)
Produktion
Produktionsdatum: Mai 2014
Autor: Volker Schwenck
Kamera : Jürgen Killenberger
Schnitt: Rebecca Singh
Weitere Informationen
SENDETERMINE
Phoenix: DI, 27.05.2014 21:45 Uhr
Phoenix: FR, 30.05.2014 18:00 Uhr
Phoenix: SA, 31.05.2014 11:00 Uhr